
Judith Siegmunds Arbeitsweise ist inspiriert von dokumentarisch-aufklärerischen künstlerischen Arbeitsmethoden, wie sie durch Group Material oder Martha Rosler seit Mitte der 80er Jahre bekannt wurden. Die Ästhetik des Informativen hat ihre Wurzeln in der Konzeptkunst der späten 60er und frühen 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Seit den documenta-Ausstellungen 1997 und 2002 ist diese neue Art der Informationskunst als längst international verbreitete Arbeitsweise auch einem breiteren Publikum bekannt geworden. Der Versuch "Kunst mit einer Politik" zu verbinden oder zu betreiben - wie es Hal Foster in seiner Anthologie "The Anti-Aesthetic" einmal formuliert hat - steht hinter diesen institutionen- und kunstmarktkritischen Ansätzen. Die Grenzen zwischen kulturanthropologischer, literarischer, dokumentarischer und künstlerischer Herangehensweise verwischen dabei. Und auch darin lässt sich eine Analogie zu den "Grenzverwehungen" aufzeigen, die die Wahrnehmung von Individuen vor dem Hintergrund ihres kulturellen, politischen und zwischenmenschlichen Erfahrungsschatzes und ihres daraus abgeleiteten Habitus im Angesicht der realen Grenze kennzeichnen. Diese Widersprüchlichkeiten aufzuzeigen scheint mir eines der Ziele von Judith Siegmunds Arbeit zu sein.
Brigitte Franzen im Buch von Judith Siegmund „Soziale Geräusche – Szumy społeczności – Socjalne sumenija“, Graz 2002

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